Dienstag, 19. Juli 2011

In Japan stempeln sie Hunde

Heidi und Wicki, Mila Superstar und Sailor Moon - bewusst oder unbewusst hat so ziemlich jedes Kind schon mal ein Anime gesehen. Dass dieses Zeichentrick-Genre aber viel mehr kann, als nur knatschbunte Held_innen und dicke Kampftierchen (Pokémon) zu produzieren, zeigt jetzt die Ausstellung Proto Anime Cut im Dortmunder U

Zwar erhebt die Ausstellung keinerlei Anspruch auf Anime-Vollständigkeit - das könnte aber wohl ohnehin kein Museum ohne Weiteres leisten, guckt man sich allein die Menge an unterschiedlichen Genres an: Shōnen, Shōjo, Kodomo, Seinen, Josei, Etchi, Hentai, Magical Girl, Mecha, (Super) Sentai, Shōnen Ai, Yuri, Yaoi....(eine ausführlichere Liste findest Du hier). Allerdings nähert sie sich in Sachen Produktionsprozess wohl gut an Vollständigkeit heran! 

Proto Anime Cut begleitet unterschiedliche Filme von ersten Location Huntings, über Skizzen und Figurenstudien, Storyboards, Hintergrundbilder bis hin zum Endprodukt, dem Film eben. Die Ausstellungsmacher_innen haben sich in ihrer Auswahl auf sechs Künstler beschränkt. Spannend, weil viele von ihnen regelmäßig zusammenarbeiten.

 
Den Startpunkt der Ausstellung bildet das Anime Dimension Bomb.  Unterlegt mit Musik von Juno Reactor fährt der Regisseur Koji Morimoto hier alles auf, was so geht (so wirkt es jedenfalls auf unbedachte Laien). In zwanzig Minuten nimmt er die Zuschauer_innen mit in eine Phantasie-Welt, die keiner stringenten Narration folgt, sondern vielmehr ein Spiel der Assoziationen ist.

Auch von Mamoru Oshi sind Filmausschnitte zu sehen. Im Vergleich wirken seine Animes düsterer. Zwar ist aufgrund der Kürze der Ausschnitte (jeweils etwa drei Minuten) keine Handlung nachzuvollziehen, allerdings wird hier gut deutlich, wie wichtig das Zusammenspiel der einzelnen Ebenen eines Animes ist und dass vor allem dem Hintergrund eine tragende Rolle zukommt. Hunde scheinen dem Regisseur besonders gut zu gefallen. In allen drei Ausschnitten kommen Hunde(artige) vor und auch der Stempel mit welchem er die einzelnen Entwicklungsstufen seiner Filme absegnet, zeigen einen Hund.

Neben den bereits genannten Regisseuren sind auch verschiedene Arbeiten von Hideaki Anno, Haruhiko Higami, Hiromasa Ogura und Takashi Watabe zu sehen. Wer japanische Schriftzeichen beherrscht, ist sicher im Vorteil. Die Broschüre zur Ausstellung und die Beschilderung erklären aber auch gut, was jeweils Sache ist. Viele der Filme werden auf recht großen Leinwänden präsentiert, Musikvideos zum Beispiel auch mal auf kleineren Bildschirmen.

Die Räumlichkeiten vom Hartware MedienKunstVerein nehmen sich übrigens angenehm zurück. Alles ist irgendwie grau und irgendwie dumpf. Die teils düsteren Zeichnungen werden dadurch unterstützt, die poppigen heben sich schön ab. Das einzige, was nerven könnte, ist das ständige Rauschen (der Klimaanlage?). Aber am Ende trägt das wohl auch nur zum Industrie-Flair des (immernoch nicht fertigen, aber trotzdem spannenden) Gebäudes bei.

Der Eintritt kostet übrigens fünf Euro, oder drei Euro ermäßigt inklusive der schon erwähnten ausstellungsbegleitenden Broschüre. Proto Anime Cut läuft noch bis zum 9. Oktober. LAB TV hat einen Beitrag zur Ausstellung gedreht. 

1 Kommentar:

  1. Die war so großartig. Als ich sie besucht hab, war eine Gruppe Shaolin Mönche da, die barfuß in ihren traunhaften Gewändern durch die Ausstellung und dann durch Dortmund gewandert sind. Hat die Sache nur abgerundet. Die Vorskizzen zu den Filmen, die biomechanischen Entwürfe, die Fotos, alles absoluter Wahnsinn...

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