Samstag, 21. September 2013

Gelesen: "Eremit" von Marijpol

Von einer Alterspyramide kann ja schon länger nicht mehr die Rede sein. Grad sieht die Darstellung der Altersstruktur in Deutschland eher aus wie eine Zwiebel; und in ein paar Jahrzehnten vielleicht wie der graphische Rahmen, den Marijpol auf ihrer neusten Graphic Novel Eremit um das Gesicht des Eremiten gestaltet hat. Kinder werden eine Rarität sein, alte Menschen die Regel. Trotzdem werden sie sich irgendwann von diesem Erdenrund verabschieden müssen. Unter anderem davon handelt Marijpols Comic. Von Tod. Genauer: Von selbstbestimmtem Tod. 


Eremit handelt aber auch von einem, der lieber alleine ist mit sich, weil er von den vielen Entscheidungen überfordert ist, die er treffen soll. Er hat sich in den Urwald zurückgezogen und lebt dort the simple life. Das klappt auch ganz gut, bis er zwei anderen Menschen begegnet. Der eine noch ganz am Anfang seines Lebens, der andere fast schon übers Ende hinaus. 

Es ist eine phantastische Welt, die Marijpol da erschaffen hat. Eine, in der die letzte Reise ins Weltall gehen kann und in der Roboter mit Kindern in Orchestern spielen. Und eine, in der es so unendlich viele Möglichkeiten gibt, dass eine_r schon Mal verzweifeln kann. Im Klappentext heißt es treffend: "Eremit ist eine symbolträchtige Erzählung über Zweifel, Tod und Obst." Und Eiscreme, möchte ich hinzufügen!

Das Ganze ist in schwarz-weiß gehalten. Besonders beeindruckend finde ich die ausführliche Mimik, die Marijpol ihren Figuren einschreibt, egal ob alt und mit Falten oder jung und frei davon.  

Im Interview mit dem Missy Magazine sagte sie im Sommer: "Ich mag rätselhafte Bilder. Wenn ich ein Buch komplett verstehe, interessiert es mich eigentlich nicht mehr." Diese Rätselhaftigkeit hat sie auch in ihrem Comic zum Prinzip erhoben. Anzuschauen gibt es genug und langweilig wird es bis zur letzten Seite nicht. Und dass die Geschichte irgendwie in der Schwebe endet, stört überhaupt nicht. 

Wer einen Blick in den Band werfen möchte, kann das auf Marijpols Homepage tun. Da gibt es ohnehin einiges zu sehen. Die studierte Illustratorin stellt auch regelmäßig ihre Arbeiten aus. Ab dem 27. September zum Beispiel im Delos in Hamburg. Die Ausstellung wird auch während des Comic-Festivals in Hamburg zu sehen sein (3.-6- Oktober), über das ich demnächst noch ein bisschen mehr schreiben werde.

Eremit ist übrigens schon die zweite Graphic Novel, die die Autorin und Zeichnerin im Avant-Verlag herausbringt. Zuvor hatte sie schon die mit dem ICOM-Preis für ein herausragendes Szenario ausgezeichneten Erzählung Trommelfels in dem Berliner Verlag veröffentlicht. 

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